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Die Mamiya DTL - vermarktet ab 1968 - vereinigte als erste SLR Spot- und Intergralmessung in einem Gehäuse. Die Kamera ist überaus massiv gebaut und von schlichter Eleganz. Das Mamiya Sekor 2/50mm nimmt es bezüglich Auflösung und Kontrast problemlos mit den dreissig Jahre jüngeren AF-Standardobjektiven auf.

 

Mamiya wurde 1940 durch den Kamerakonstrukteur Seiichi Mamiya gegründet. Zunächst baute man Balgen- und Kleinbild-Messucher-Kameras. Letztere zeichneten sich dadurch aus, dass sie nicht einfache Leica- und Contax-Kopien waren, sondern eigenständige Designs. Schon ab 1951 beschäftigte man sich bei Mamiya - mit finanzieller Hilfe des japanischen Ministeriums für Technologie MIT - mit der Entwicklung einer Kleinbild-SLR. Ein erster Prototyp wurde 1952 vorgestellt, ein zweiter 1956, doch die Serienfertigung liess bis 1961 (!) auf sich warten. Zu spät - denn Asahi mit der Pentax (ab 1957), Minolta mit der SR-Serie (1958) und vor allem Nikon mit der Nikon F (1959) waren gerade daran, den Markt aufzurollen.

Mamiya hat es wohl als einziger Hersteller geschafft, innert 19 Jahren (1961-1980) SIEBEN verschiedene und nicht kompatible Objektiv-Anschlüsse für Kleinbild-SLRs zu produzieren; ein achter Anschluss (für AF-Kameras) stand 1984 in Erprobung. Schon diese Tatsache allein dürfte ausreichend erklären, warum Mamiya Kleinbild-SLRs trotz hervorragenden Optiken und oftmals sehr fortschrittlicher Technik im Markt schlussendlich nur begrenzt reussieren konnte: Mamiya stellte aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände 1984 das Kleinbild-Geschäft ein und produzierte nur noch Mittelformat-Kameras. Da der Mittelformat-Markt aufgrund der leistungsfähigen Vollformat DSLRs stark geschrumpft ist, hat Mamiya in den letzten zehn Jahren mehrmals den Besitzer gewechselt. Heute hat die Firma noch ca. 200 Angestellte.

1961   Mamiya Prismat NP mit Exakta-Bajonett und halbautomatischer Springblende
1961   Mamiya Prismat PH mit fest eingebautem Zentralverschluss und eigenem merkwürdigen Wechselbajonett
1964   Mamiya CWP, TL (1966) und DTL (1968/71) mit M42-Schraubgewinde, Springblende und Arbeitsblenden-Messung (Druckstift)
1971   Mamiya XTL mit XTL-Bajonett (professionelles System mit Brennweiten von 14mm bis 800mm)
1974   Mamiya MSX, DSX mit M42-Schraubgewinde und Springblende sowie Offenblende-Messung
1977   Mamiya NC-1000 mit neuem NC-Bajonett und M42-artiger Springblende. Offenblende-Messung
1980   Mamiya ZE-Serie und ZM. Z-Bajonett mit elektronischen Kontakten; Ansteuerung der Blende vom Gehäuse aus

Diese Unstetigkeit - wer will schon durchschnittlich alle drei Jahre ein neuen Objektiv-Anschluss?!? - war wohl der Hauptgrund für das Scheitern der Mamiya-Kleinbildsysteme. Zwar wurden von Mamiya produzierte SLRs auch von Nikon (Nikkorex) und Ricoh (Singlex) vertrieben, doch fehlte offensichtlich die Kontinuität. Das Objektivsystem hingegen konnte zwar nicht mit Nikon mithalten, doch Anfang der 1970er Jahre war der Brennweiten-Bereich des XTL-Bajonetts von 21 mm bis 800 mm durchaus vorzeigbar; zudem ergänzte ein 14mm Fisheye das Repertoire. Zur NC gabe es dann schon nur mehr Brennweiten von 21 mm bis 400 mm, und bei der Z-Serie musste man sich auf 28 mm bis 300 mm beschränken. Überdies fehlten Portrait-Brennweiten von 80 oder 100mm komplett – ein unverzeihlicher Fehler!

Doch zurück zu Mamiya DTL. Die DTL ist der Nachfolger der TL (1966), die eine Arbeitsblenden-Spotmessung durchs Objektiv hatte. Die DTL (dual through-the-lens) Serie kam ab 1968 auf den Markt. Die drei Versionen DTL-500, DTL-1000 und DTL-2000 unterschieden sich durch die kürzeste Verschusszeit (1/500s, 1/1000s und 1/2000s). DTL-500 und -1000 haben den damals übliche Tuch-Schlitzverschluss; ob die 1971 vorgestellte DTL-2000 einen Metall-Rolloverschluss aufweist, entzieht sich meiner Kenntnis.


GEHÄUSE

Die DTL ist etws grösser als Minoltas SR-T, vollständig aus Metall gebaut und wirkt mindestens ebenso robust. Das Design der DTL ist schlicht und klar; es lehnt sich stark an die Pentax-SLRs an. Silbern verchromte Exemplare sind üblich, schwarze deutlich seltener.

Die DTL hatte ein kombiniertes Zeiten-/Filmempfindlichkeits-Rad, einen mit der Belichtungsmessung kombinierten und geschickt als Abblendhebel nutzbaren Schnellspann-Hebel sowie die damals bereits übliche Rückspulkurbel. Die Rückwand wird durch einen separaten Schieber geöffnet. An der Kamera-Vorderseite befindet sich der Selbstauslöser (mit separatem Auslöser), je ein FP- und X-Kontakt für Blitzgeräte sowie der griffgünstig gelegene Schalter für die Umschaltung zwischen Spot- und Integralmessung. Auf der Kamera-Unterseite habe wir den Rückspulknopf, den Stativanschluss und die Deckkappe für den Batterie-Behälter.

 

 

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Links: Schnellspannhebel mit Ausschalt-Knopf, Auslöser und Zeiten-Einstellrad der Mamiya 500 DTL.
Rechts oben: Durch Aktivieren des Schnellspann-Hebels in die 15° Position schaltet sich das Belichtungs-Messystem ein. Darunter: Drück man den angefederten Schnellspannhebel in die 0°-Stellung zurück, so wird das Objektiv abgeblendet, und man aktiviert die Arbeitsblenden-Messung. Lässt man den Schnellspann-Hebel los, so federt er in seine Ausgangsstellung (oben) zurück. Durch Druck auf den runden Knopf in der Achse des Hebels stellt man die Belichtungsmessung aus; der Hebel switcht wieder in die (untere) 0° Stellung. Die ganze Prozedur ist problemlos und intuitiv anwendbar.

 

 

BELICHTUNGSMESSUNG

Das Mess-System der TL wie auch der DTL wird mit einer 1.5V Silberoxyd-Batterie betrieben (MS-76 oder analoge). Im Gegensatz zu Canons F-1 oder Minoltas SR-T, die beide auf seit langem verbotene Queckilber-Batterien angewiesen sind, kann man die DTL also auch heute noch vollumfänglich nutzen.

Im Wesentlichen wie die Minolta SR-T ausgestattet, hatte die DTL allerdings einen gewichtigen Vorteil: Man konnte sie jederzeit von Spot- (6%) auf Integralmessung umschalten. Dieses Feature war damals einzigartig; es erlaubte präzise Messungen sowohl bei normalen Lichtverhältnissen wie auch bei Gegenlicht. Man erinnere sich: Noch 1980 musste man bei Canons F1 New die Sucherscheibe auswechseln, um die Messmethode zu ändern; Minolta führte die umschaltbare Spot-/Integralmessung erst 1985 ein (mit der Minolta 9000), und Nikons F3 hatte zum selben Zeitpunkt einzig eine Integralmessung vorzuweisen!

Im Gegensatz zur zeitgleichen Minolta SR-T hatten sowohl TL als auch DTL aber nur eine Arbeitsblenden-Messung (d. h. man muss ddie Objektiv-Blende zur Belichtungsmessung kurz schliessen, was das Sucherbild verdunkelt und Messfehler duchr störlich begünstigt). Die Arbeitsblenden-Messung war allerdings so geschickt umgesetzt, dass sie den Workflow kaum hinderte: Durch Abspreizen des Schnellspann-Hebels auf ca. 15° schaltete man das Mess-System ein. Der Hebel hat in dieser Position eine abgefederte, zweite Neutralstellung. Drückt man den Schnellspannhebel mit dem Daumen zurück zum Gehäuse hin, so wird die Blende geschlossen, und man kann die Messnadel mit der Kelle zu Deckung bringen. Im Gegensatz zur SR-T steht die Kelle aber fix am gleichen Ort, was die Übersichtlichkeit im Sucher beträchtlich erhöht.


SUCHER

Der Pentaprisma-Sucher ist fest eingebaut, ebenso die Mattscheibe, deren zentrales Mikroprismen-Feld die präzise Scharfeinstellung erleichtert. Das Sucherbild der Mamiya DTL ist etwas kleiner als das der Minolta SR-T, aber sichtlich heller. Ein fest eingebauter Zubehörschuh fehlt, doch kann er als Zubehör leicht aufgesteckt werden. Der Spiegel der DTL ist deutlcihe kleiner als derjenige der SR-T, aber wesentlich grösser als der der Pentax SV. Der Spiegel-Schlag ist recht gut gedämpft, wirkt aber etwas zackiger als bei den zeigleichen Minolta-SLRs.

Während im Sucher der SR-T die Zeiten (und bei späteren Modellen sogar auch die Blende) eingespiegelt werden, ist bei der Mamiya DTL nichts dergleichen zu sehen – einzig das Spot-Messfeld am unteren Bildrand ist deutlich abgegrenzt. Die Spotmessung geschieht mittels eines direkt an der Spiegel-Unterseite angebrachten CdS-Elementes; zwei weitere CdS-Zellen für die Integralmessung liegen auf jeder Seite des Sucherokulares.

 

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Das Mamiya Sekor 2/50mm (M42 Schraubgewinde) von 1967 kann am 24MP Vollformat problemlos mit dem 20 Jahre jüngeren Minolta AF 1.4/50mm mithalten. Das aktuelle Sony AL 1.4/50mm ist im übrigen nur einen Hauch besser als das hier gezeigte Minolta AF 1.4/50mm.

 

OBJEKTIVE

Da die Objektive zur DTL einen M42 Anschluss haben, kann man sie bequem an die A900 adaptieren. Zumindest das Sekor 2/50mm ist über jeden Zweifel erhaben: Es liefert an der A900 (24 MP Vollformat) bei f2 und bei f5.6 ebenso scharfe Bilder wie das Minolta AF 1.4/50 mm, der Kontrast ist sogar etwas höher. Die Blende hat sechs Lamellen, rastet halbstufig und geht von f2 bie f16. Ein Umschalter erlaubt es, von Springblende auf manuelle Blende zu wechseln, was für die digitale Adaption sehr nützlich ist.

Im wesentlichen hat Mamiya die folgenden Brennweiten mit M42 Anschluss geliefert:

Mamiya Sekor 3.5/15mm Fisheye
Mamiya Sekor 2.8/28mm
Mamiya Sekor 2.8/35mm
Mamiya Sekor 2.0/50mm
Mamiya Sekor 1.8/55mm
Mamiya Sekor 1.4/55mm (angeblich eine Kopie/Nachbau des Zeiss 1.4/55mm, in Wirklichkeit aber eine deutlich andere Konstruktion)
Mamiya Sekor 2.8/60mm Macro (sehr wahrscheinlich von Tomioka gebaut)
Mamiya Sekor 2.8/100mm und 2.8/105mm
Mamiya Sekor 3.5/135mm und 2.8/135mm
Mamiya Sekor 3.5/200mm (in verschiedenen optischen Konstruktionen gebaut, teils von Tokina)
Mamiya Sekor 5.6/300mm
Mamiya Sekor 6.3/400mm
Mamiya Sekor 4.5/90-230mm

 

Zusammenfassend kann man sagen, dass die DTL eine beeindruckend schlichte und massive SLR ist, die etwas weniger "sophisticated" als eine SR-T wirkt, aber aufgrund des Belichtungs-Messystems und der nach wie vor lieferbaren Batterien heutzutage mindestens ebenso gut einsetzbar ist wie eine Minolta SR-T. Zudem haben die Mamiya Objektive einen sehr guten Ruf.

 


QUELLEN / LINKS

Roland Stauber's Mamiya Website

Ron Herron's Mamiya Collector Site

Mike Butkus' Mamiya DTL Manual