Ab ca. 1965 - als die Einführung der Minolta SR-T absehbar wurde - entwickelte Minolta während rund acht Jahren die Minolta X-1 (XM in Europa, XK in den USA). Die Kamera war in vieler Hinsicht wegweisend - in erster Linie durch die automatische Belichtungssteuerung nach Blendenvorwahl, die Minolta damit im professionellen Sektor fast acht Jahre vor Nikon realisierte. Die X-1 / XM wartete darüber hinaus mit vielen weitere damals einmaligen Features auf: Ein Daumenschalter ermöglichte die stufenlose Korrektur der Belichtung um +/- 2EV; ein "Touch Switch" (Berührungs-Schalter) aktivierte die Belichtungsmessung, und Titan-Rollo-Verschluss sowie Wechselsucher finden sich in keiner andern Minolta-SLR. Ab 1975 kam die semiprofessionelle Minolta XE hinzu, die in Zusammenarbeit mit Leitz entwickelt worden war. Die XE fühlt sich deutlich edler, feiner und ausgereifter als die XM an, ist aber längst nicht so flexibel.

Zusammen mit der X-1 / XM kam eine neu designte Reihe von MC-Objektiven auf den Markt, deren Kennzeichen der Gummi-Waffelring ist. Diese Objektive sind ausgezeichnet gearbeitet; sie gelten mechanisch als die besten Minolta-Objektive überhaupt. Die Schneckengänge - wie bei Leitz in der idealen Kombination von Alu auf Messing gefräst - laufen seidenweich. Minolta fertigte fünf Normalobjektive in dieser sogenannten MC-X-Ausführung: Das MC 1.2/58mm und das MC 3.5/50mm Macro waren optisch identisch zum jeweiligen Vorgängermodell; das MC 1.4/50mm, das MC 1.7/50mm und das MC 2/50mm hingegen waren neu gerechnet.

 

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Minolta 50mm f2 MC-X

Beginnen wir mit dem Minolta MC Rokkor-PF 50mm 1:2, einem Sechslinser in fünf Gliedern. Das Objektiv hat in den Foren einen sehr guten Ruf - den der Test mit der NEX allerdings nur bedingt untermauern kann. Das ist eigentlich auch kein Wunder, denn das 2/50mm war eine Budgetlinse, die zumindest hierzulande nur im Set mit der (preisgünstigen) SRT-100-Serie zu haben war. Als kleines Portraitobjektiv ist das MC 2/50mm dennoch geeignet - obwohl ein MC 1.4/58mm in der zweiten Variante (MC-II) eigentlich vorzuziehen wäre. Ich bin mir übrigens sicher, dass die oben gezeigte Abbildungsleistung repräsentativ ist - immerhin wurden drei Exemplare des MC 2/50mm getestet, alle mit identischem Resultat.

 

Minolta 50mm f17 MC-X

Generell einen Hauch schwächer als das MC 2/50mm ist das ebenfalls aus sechs Linsen in fünf Gliedern aufgebaute Minolta MC Rokkor-PF 50mm 1:1.7. Mechanisch sehr ansprechend gebaut, ist die Abbildungsleistung besonders bei f5.6 sichtbar besser als beim Vorgängermodell MC Rokkor 55mm 1:1.7. Weil das ältere 1.7/55mm jedoch eine leicht grössere effektive Öffnung sowie bei Offenblene auch eine "weichere" Zeichnung hat, würde ich für Personenaufnahmen an der NEX eher zu besagtem 1.7/55mm greifen. Nichtsdestotrotz ist das hier getestete MC 1.7/50mm an der NEX ein beinahe unglaublich günstiges und sehr brauchbares Objektiv, bekommt man es doch öfters für einen einstelligen Betrag.

 

Minolta 50mm f14 MC-X B

Das Minolta MC Rokkor-PG 1.4/50mm ist zusammen mit dem MC 1.2/58mm das wohl schärfste Normalobjektiv im MC/MD-System. Minolta übernahm bei diesem Objektiv die Auslegung des MC 1.2/58mm (sieben Linsen in fünf Gliedern); aufgrund der niedrigeren Lichtstärke konnte man die Abbildungsleistung sogar noch etwas steigern. Allerdings litt dabei das Bokeh; bei Offenblende kommt der (unscharfe) Hintergrung etwas unruhiger als beim früheren MC 1.4/58mm. Auch hier habe ich mehrere Exemplare getestet, deren Abbildungsleistung durchwegs exzellent und praktisch ununterscheidbar war. Das MC 1.4/50mm ist aus meiner Sicht ein "Geheimtipp" - es ist besser gebaut und hat gleichzeitig eine bessere Abbildungsleistung als die andern Standardobjektive von Minolta. Der Preis von ca. 40-50 EUR, der heute in der Regel bezahlt wird, ist mit Sicherheit angemessen.

 

 

Zusammen mit der Minolta XD wurde eine mechanisch angepasste Objektivreihe eingeführt, deren Blendenmechanismus den zuverlässigen Betrieb bei Blenden- und später auch Programm-Automatik erlaubte. Diese sogenannten "MD-I"-Objektive waren zunächst und für kurze Zeit einfach mechanisch angepasste MC-X-Objektive (1977). In den Jahren 1978/79 wurde ein Teil dieser Objektive neu gerechnet, um sie - gemäss dem Trend der Zeit - deutlich kleiner und leichter zu machen; sie werden als "MD-II"-Objektive bezeichnet.

 

 

Minolta 50mm f17 MD-I

Die MD-I-Variante des 1.7/50mm dürfte optisch identisch mit dem entsprechenden MC-X sein, zumindest legen das die Testresultate nahe. Die Objektiv-Fassung ist etwas kleiner geraten; die eigentlichen Linsenelemente sind aber gleich dimensioniert wie beim Vorgänger MC 50mm 1:1.7.

 

Minolta 50mm f17 MD-II

 

Das 1979 neu gerechnete und mit nur 165g deutlich leichtere Minolta MD Rokkor 50mm 1:1.7 (MD-II) hat eine sichtbar bessere Abbildungsleistung als das Vorgängermodell. Da das nachfolgende "MD-III" 1.7/50mm wiederum deutlich schlechter ist, kann man dieses Objektiv getrost als das optisch beste 1.7/50er von Minolta bezeichnen. Es erreicht zwar nicht ganz die Detailauflösung eines MC 1.4/50mm oder eines MC 1.2/58mm, gehört aber dennoch zu den schärfsten Normal-Objektiven im MC/MD-System. Mechanisch ist das hier getestete Objektiv deutlich "billiger" gebaut als die Vorgängermodelle: Mehr Plastik und ein (zu) kleiner Fokusring führen dazu, dass die unbedingte Wertigkeit der MC-X-Reihe verloren gegangen ist.

 

Minolta 45mm f2 MD-II

Das 2/45mm hat im Internet einen recht durchzogenen Ruf und galt an analogen Bodies als das unbefriedigendste der Minolta-Normalobjektive. Zumindest an APS-C scheint mir dieser schlechte Ruf unbegründet zu sein; immerhin ist das Objektiv sicher nicht schlechter als die meisten getesteten Minolta 1.7/50er und 1.7/55er. Vermutlich dürfte aber die Abbildungsleistung des MD 2/45mm am Vollformat-Bildrand stärker leiden als bei den 1.7/50ern - eine endgültige Beurteilung der Abbildungsleistung dieses Objektives wird somit erst beim Erscheinen einer Vollformat-NEX möglich sein. An APS-C-Kameras kann das Minolta MD Rokkor 45mm 1:2 problemlos als sehr kleines Portraitobjektiv eingesetzt werden - falls man mit der recht kleinen effektiven Öffnung von ca. 22mm zurecht kommt (entspricht einem 3.1/68mm am Vollformat).

Zum Vergleich: das MC 1.4/58mm hat mit ca. 42mm die gleiche effektive Öffnung wie ein 1.2/50mm. Das 1.4/58 mm an APS-C entspricht vom Bildeindruck her einem 2/85mm am Vollformat und eignet sich somit weit besser zum Freistellen!

 

Minolta 50mm f35 MD-I

Die Optik, deren Stärken natürlich im Nahbereich und in der praktisch fehlenden Verzeichnung liegen, wurde vom MC-Vorgängermodell (fast?) unverändert übernommen, und auch die Abbildungsleistung ist praktisch identisch. Das MD Macro Rokkor 50mm 1:3.5 hat zumindest in Unendlich-Stellung und bei Offenblende durchaus Probleme, seinem ausgezeichneten Ruf Nachachtung zu verschaffen: Die Abbildungsleistung ist bei f3.5 alles andere als perfekt. Bereits eine leichte Abblendung auf f5.6 führt aber zu exzellenten Resultaten, und bei f11 treten schon deutliche Beugungsunschärfen auf. Interessanterweise zeichnen die meisten Minolta-Zoom-Objektive bei dieser Brennweite deutlich schärfer - doch mehr davon im dritten Teil der Testserie.

 

 


Für die Serie X-700 / X-500 / X-300 kamen ab 1981 neu gestylte Objektive auf den Markt. Die optische Rechnung der Festbrennweiten basiert im allgmeinen auf der MD-II-Ausführung; bei den Zooms hingegen wurden zahlreiche neue und leistungsfähige Designs eingeführt. Einige dieser Objektive kamen ab 1985 auch in AF-Fassung auf den Markt, so das MD/AF 2.0/28 mm und 2.8/28 mm,  das MD/AF 1.7/50 mm und 1.4/50 mm, das AF 3.5-4.5/28-85 mm und das AF 3.5-4.5/35-105 mm.

 

Minolta 50mm f2 MD-III

Die MD-III-Version des Minolta MD 50mm 1:2 wurde gegenüber dem Vorgängermodell offenbar deutlich verbessert. Auch wenn die MD-III-Baureihe in den Foren oft als "minderwertig" betrachtet wird, können die Testresultate dieses Vorurteil nicht wirklich stützen. Das hier getestete MD 2/50mm hat eine solide Alu-Fassung, deren Schneckengang aber nicht so sanft läuft wie die (deutlich schwereren!) Alu-/Messing-Schneckengänge der MC-X und MD-I Objektive. Vom Design her passen die MD-III-Objektive recht gut zur NEX, sie sind günstigst erhältlich - also eine durchaus gute Option für denjenigen, der günstig in die hochinteressante Welt der "vintage lenses" einsteigen will.

 

Minolta 50mm f17 MD-III

Das Minolta MD 50mm 1:1.7 enttäuscht - man kann es nicht anders sagen. Im Gegensatz zu praktisch allen andern getesteten MD-III-Objektiven kann dieses Objektiv nicht wirklich für den Einsatz an der NEX empfohlen werden. Die Auflösung lässt selbst an APS-C zum Rand hin stark nach, Abblenden hilft nicht wirklich. Kurz und gut - Minolta hat gespart und mit dieser Linse wohl gleichzeitig auch den Ruf der ganzen MD-III-Serie unnötigerweise beschädigt. Auch hier wurden mehrer Objektive getestet, um sicherzustellen, dass die dargestellten Resultate nicht ein "Ausreisser" sind.

 

Minolta 50mm f14 MD-III

Das Minolta MD 50mm 1:1.4 hingegen spielt in der MD-III-Version praktisch auf dem Niveau des viel gerühmten MC Rokkor-PG 50mm 1:1.4, zumindest an APS-C. Das neuere MD 1.4/50mm bildet etwas kontrastreicher als das MC 1.4/50mm ab, zeichnet aber auch leicht weniger detailreich und überstrahlt nicht so stark. In der Praxis sind die Unterschiede vernachlässigbar, und beide Objektive gehören zu den besten Normaloptiken im System. Das Bokeh - von mir noch nicht getestet - dürfte beim MD 1.4/50mm eher besser sein als beim älteren MC 1.4/50mm. Das Minolta AF 1.4/50mm ist mit grosser Wahrscheinlichkeit optisch identisch mit der MD-III-Variante des 1.4/50mm.

 

Minolta 50mm f35 MD-III

Dies ist die MD-III-Variante des legendären 50mm 1:3.5 Macro-Objektives, das von 1961 an wohl über dreissig Jahre lang produziert wurde. Die Abbildungsleistung scheint leicht schwächer als die der MD-I-Variante - ob das auf eine leicht geänderte optische Rechnung (z. B. Anpassung aufgrund neuer Gläser), die leichte Plastik-Fassung oder schlicht Serienstreuung zurückzuführen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls ist auch hier klar, dass das Objektiv im Unendlich-Bereich keineswegs perfekt ist.

Der nachfolgende dritte Teil des Tests befasst sich mit den Minolta-Zoom-Objektiven bei einer Brennweite von 50mm.